29 Jun 2017

Wie einer fast der berühmteste Tierarzt Deutschlands geworden wäre

Der berühmteste Tierarzt von allen ist sicher James Herriot, aus der TV-Serie „Der Doktor und das liebe Vieh“. Der liebt alle Tiere, ob groß oder klein, behandelt Rind und Hund mit demselben Mittel (der Hund bekommt halt bissel weniger) und motiviert bis heute viele junge Menschen (Mädels) sich im Fach Tiermedizin einzuschreiben.

Bei uns wird zwar viel diskutiert über zukunftsfähige Landwirtschaft und Nutztierhaltung, aber Tierärzte spielen dabei gar keine Rolle. Mal abgesehen von einem, der „Gen-Soja“ am Geruch erkennt oder für die Vereinigung „(Klein-)Tierärzte gegen Massentierhaltung“ spricht.

Das große Wort führen vielmehr NGOs. Die Kommentare von Nabu, Greenpeace, Foodwatch dürfen nirgends fehlen. Und so heißt es mittlerweile täglich: Massentierhaltung abschaffen! Die Zukunft gehört dem kleinen Bio-Bauern! „Klasse statt Masse!“ Und natürlich muss eine Herkunftsbezeichnung fürs Fleisch her.

Im Märchenland der Ideologen, scheint eben die Sonne ohne Unterlass und Schweine bekommen trotzdem keinen Sonnenbrand, aber zu Ende gedacht wird das Märchen nie.

„Klasse statt Masse“ bedeutet: heimische Hochpreis-Nische und Import für den Rest. Denn irgendwo muss ja auch zukünftig die Menge Fleisch herkommen, die eine Mehrheit hier jährlich so verspachtelt. Oder kündigt sich etwa eine vegane Massen-Bekehrung an? Und „Billig-Fleisch“ soll ja wohl nicht verboten werden? Na also!

Und wer lautstark die Herkunftsbezeichnung von Fleisch propagiert offenbart nur, dass er der eigenen Propaganda auf den Leim gegangen ist. Seit Jahrzehnten gibt es diese Kennzeichnung nämlich schon: bei 1 % steht Bio drauf, bei 70 % Sonderangebot.

Die Diskussion über zukunftsfähige Landwirtschaft wird zwar lautstark gefordert – aber nicht geführt. Jedenfalls nicht aus Basis von Fakten, Wissen und Forschung.

Wäre es anders, müsste Albert Sundrum der berühmteste Tierarzt Deutschlands sein. Mindestens fast so berühmt wie James Herriot! Seit 20 Jahren forscht der Prof aus Kassel über Bio-Nutztierhaltung – und keinen interessiert es. Lästigerweise nämlich spricht der Mann auch Probleme und Schwachstellen der Öko-Haltung an. Und das ist mit der reinen Lehre schlicht nicht kompatibel.

Dabei könnte eine offene Diskussion seine Arbeit als Startpunkt wählen. Das Verdienst der Bio-Nutztierhaltung ist ja zweifellos, dass sie die richtigen Fragen gestellt hat. Ihre Antworten sind teils gelungen, teils aber auch nicht. Ihre Lösungen „mehrheitsfähig“ oder eher nicht.

Denn um die Mehrheit – oder die Masse – der Tiere sollte es doch wohl gehen. Wir brauchen Haltungsbedingungen für Kühe, Schweine, Hühner, die eine Mehrheit der Tierhalter leisten kann und die sich die Mehrheit der Verbraucher auch leisten will.

Und tatsächlich gäbe es ja heute bereits Lösungen, die eine breite Unterstützung verdient hätten. Doch die fristen ein Dasein in noch kleineren Nischen, als das Bio-Fleisch: Privathof-Hähnchen überspringen nicht einmal die 0,5 %-Hürde. Und der Marktanteil des „Aktivstalls für Schweine“ liegt – gemessen an den Gesamtschlachtungen – praktisch unterhalb der Nachweisgrenze.

Es ist höchste Zeit neue Wege zu erproben – aber bitte mit den Experten. Und mit den Landwirten, von denen viel zu viele schon viel zu lange in den Startlöchern stehen.

PS: Für Interessenten liegen die Kontaktdaten von Albert Sundrum auf Abruf bereit. Ebenso eine lange Liste weiterer Top-Wissenschaftler aus einschlägigen Institutionen.

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