„Tiertransporte: Handlungsbedarf besteht jetzt!“ Offener Brief des BTK-Präsidenten
Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer, schreibt einen Offener Brief an die für Tierschutz zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren des Bundes und der Länder:
Sehr geehrte Damen und sehr geehrte Herren,
die Bundestierärztekammer (BTK) hat – wie auch andere Verbände und Organisationen – wiederholt die immer wieder vorkommenden eklatanten Missstände bei Tiertransporten angeprangert und Maßnahmen eingefordert, die zu einer wirkungsvollen und nachhaltigen Abstellung der Mängel unabdingbar sind.
Auch unter Würdigung des Beschlusses der Agrarministerkonferenz vom April 2018 mit diversen, in die Zukunft gerichteten und wichtigen Forderungen zur Verbesserung der Tierschutzbedingungen bei Transporten und deren verbesserte Kontrollierbarkeit mussten wir mit Erschrecken feststellen, dass z. B. noch im Juni/Juli 2018 Zuchttiertransporte über die Balkanroute abgefertigt wurden.
Außentemperaturen von über 30°C sind auf dieser Route in dieser Jahreszeit keine Seltenheit. Bei mehrstündigen Wartezeiten vor der Abfertigung, wie sie am Grenzübergang in Kapikule, Bulgarien, üblich sind, können die Lüftungssysteme der Transportfahrzeuge hier noch nicht einmal den rechtlich vorgegebenen Temperaturrahmen (5° bis 30°C +\-5°C) bei Rindertransporten gewährleisten.
Die Entscheidung – insbesondere über die Abfertigung internationaler Transporte – darf nicht ausschließlich auf die Vor-Ort-Behörden abgewälzt werden. Hier sind Sie, die obersten Landesbehörden und das BMEL, gefordert! Sie könnten z. B. über den Erlassweg Abfertigungen bei den o. a. bekannten, tierschutzrelevanten Rahmenbedingungen verhindern.
Auf eine Ausführung weiterer, konkreter Missstände, wie z. B. die kaum bestehende Versorgungsmöglichkeit bei innergemeinschaftlichen Langzeittransporten noch nicht milchentwöhnter Kälber, möchte ich an dieser Stelle verzichten.
Die BTK bekräftigt noch einmal ihre Forderung, bis zu einem generellen Verbot, Langzeittransporte in Drittländer, aber auch innergemeinschaftliche Langzeittransporte von Tieren mit besonders hohen Pflegeanforderungen nur auf vorab von einer unabhängigen Stelle tierschutzfachlich geprüften Transportrouten zuzulassen.
Unabhängig von dieser dringlichen Sofortmaßnahme bleibt die Forderung, Schlachttiertransporte EU-weit auf 8 Stunden Transportzeit ohne Verlängerungsmöglichkeit zu beschränken (Grundsatz: Transport von Fleisch statt lebender Tiere) und den Transport von Zucht- und Nutztieren perspektivisch durch geeignete andere Maßnahmen (z. B. Versand von Sperma oder Embryonen) zu ersetzen
Die Bundestierärztekammer erwartet sofort konkrete Maßnahmen zur Abstellung der Mängel und ist gerne bereit, ihr Fachwissen hierfür einzubringen. Ein weiterer Aufschub kann nicht hingenommen werden!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Uwe Tiedemann