Initiative Tierwohl: Schweinehalter gewinnen Innovationspreis Tierwohl
Die Initiative Tierwohl (ITW) hat gestern erstmalig innovative Ideen und Projekte rund um die Schweine- und Geflügelhaltung mit dem Innovationspreis Tierwohl ausgezeichnet. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hob in einem Grußwort während der Preisverleihung das Engagement der Preisgewinner sowie der ITW für Innovation in der Landwirtschaft hervor. Die ITW zeichnete vier Landwirte aus, und zwei wissenschaftliche Projekte erhielten den Zuschlag für eine finanzielle Förderung. Die Jury bestand aus dem Beraterausschuss der Initiative Tierwohl unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, Präsident des Johann Heinrich von Thünen-Instituts.
„Wir freuen uns über die vielen innovativen Beiträge zur Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung“, sagte Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der Initiative Tierwohl. „Innovative Ideen zu etablieren ist selbst dann eine Herausforderung, wenn diese wirklich nützlich und sinnvoll sind. Wir leisten mit dem Innovationspreis Tierwohl einen Beitrag dazu, solche Innovationen zu unterstützen.“
„Innovative Ideen sorgen für mehr Tierwohl – ob nun in der konventionellen oder ökologischen Tierhaltung“, sagte Julia Klöckner, Bundesministerin des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). „Zum ersten Mal zeichnet die Initiative Tierwohl solche Ideengeber aus, die mit guten Einfällen für Verbesserungen im Stall sorgen – herzlichen Glückwunsch an alle Preisträger! Und auch mit meinem Ministerium bin ich dabei, die Ställe der Zukunft zu entwickeln. Ein Mehr an Tierwohl wollen wir zusammenbringen mit der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage der Landwirte. Zudem arbeiten wir zielstrebig an unserem staatlichen Tierwohlkennzeichen.“
Die Landwirtin Gabriele Mörixmann erhielt für die Idee eines Aktivstalls für Schweine den Preis für das innovativste Konzept. Den dritten Platz für erfolgreich umgesetzte Projekte in der Landwirtschaft belegte der Schweinemäster Christoph Becker für die Umstrukturierung seines Stalls, die zu mehr Bewegungsfreiheit für die Tiere führte. Er erhält dafür 5.000 EUR. Der mit 7.000 EUR dotierte, zweite Platz ging an den Landwirt Heinz Hackmann, der in seinem Stall eindrucksvoll demonstriert, wie das Konzept von Gabriele Mörixmann in der Praxis funktioniert und das Tierwohl verbessert. Den ersten Platz, der mit 10.000 EUR dotiert ist, vergab die Jury, die aus dem Beraterausschuss der ITW bestand, an den Schweinehalter Peer Sachteleben für seinen mobilen Schweinestall mit Auslaufhaltung. Neben den Preisträgern aus der Landwirtschaft gewannen zwei wissenschaftliche Projekte eine finanzielle Förderung zur Umsetzung. Den Zuschlag erhielt zum einen die Veterinärmedizinerin Dr. Birgit Spindler für die Entwicklung eines kameragesteuerten Frühwarnsystems, das gegenseitiges Verletzen von Puten erkennen soll. Zum anderen erhielt Gé Backus von Connecting Agri & Food eine Förderung für das Pilotprojekt „Kluger Stall“, bei dem es um eine innovative Lösung zum Management des Klimas in Schweineställen geht. Das Fördervolumen für die beiden wissenschaftlichen Projekte beträgt fast 400.000 EUR.
Zur Jury gehörten neben Prof. Dr. Folkhard Isermeyer, der den Vorsitz innehatte, Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an. Prof. Dr. Harald Grethe (Humboldt-Universität zu Berlin), Prof. Dr. Peter Kunzmann (Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover), Prof. Dr. Robby Andersson (Hochschule Osnabrück) und Prof. Dr. Lars Schrader (Friedrich-Loeffler Institut) übergaben als weitere Mitglieder des Jury die Preise an die Landwirte. Die ITW plant den „Innovationspreis Tierwohl“ regelmäßig auszuloben. Weiterführende Informationen finden Interessierte hier: www.innovationspreis-tierwohl.de.
Die Preisträger
Sonderpreis Aktivstall, Gabriele Mörixmann
Landwirtin Gabriele Mörixmann aus Melle in Niedersachsen hat schon so einige Erfahrungen mit unterschiedlichs-ten Haltungssystemen gesammelt. Im Laufe der Jahre hat sie Sauen in einem Biobetrieb gehalten, aber auch konventionell Schweine gemästet. Beide Konzepte haben sie nicht vollständig überzeugt. Ihr Wunsch: Eine Schweinehaltung, die den Spagat zwischen möglichst viel Tierwohl, Transparenz und Umweltschutz sowie einem wirtschaftlichen Betrieb bis in die Ladentheke schafft.
Familie Mörixmann fasste den Entschluss, ein völlig neues Stallkonzept zu entwickeln. Dieses sollte die Vorteile der biologischen und konventionellen Haltung kombinieren, und sich nach außen transparent darstellen. Das Ergebnis: der sogenannte Aktivstall für Schweine. Er bietet den Schweinen unterschiedliche Stroh- und Spaltenbodenbereiche, die sie selbst frei wählen können. Neben einem Fressbereich auf Spaltenboden und den Wühlbereichen mit Stroh, stehen den Tieren auch helle Stallbereiche mit Duschen und Spielzeugen, dunklere Ruhebereiche sowie Außenklimabereiche zur Verfügung. So gibt es im Aktivstall besonders viel Bewegungsfreiheit und Beschäftigungsmöglichkeiten mit doppelt so viel Platz. Erstmals umgesetzt wurde das Konzept im Jahr 2012 in einem vierzig Jahre alten Maststall der Familie Mörixmann. Als Ideengeberin berät Gabriele Mörixmann mittlerweile auch andere Landwirte, die am innovativen Stallkonzept interessiert sind. Für ihr Stallkonzept erhält sie den Innovationspreis Tierwohl.
3. Preis „Buchtenstrukturierung“, Christoph Becker
Christoph Becker betreibt seit 2010 eine konventionelle Schweinemast in der Lüneburger Heide. Im Laufe der Jahre probierte der Landwirt viele neue Ideen aus, um das Tierwohl in seinem Stall zu steigern. Die Erfahrungen haben ihm gezeigt, dass mehr Platz oder das reine Angebot von Stroh alleine nicht ausreicht.
In dem Schweinestall waren die separaten Buchten bisher an einen Mittelgang angeordnet. Diese Struktur hat Becker aufgebrochen. Anstelle von sechs Buchten für jeweils fünfzehn Tiere gibt es nun zwei große Buchten für je fünfundvierzig Schweine. Dafür wurden die Trennwände zwischen den Buchten entfernt und durch kurze Stichwände ersetzt. Die Stroh- und Futterautomaten stehen zentral an einer Stelle, wodurch eine gemeinschaftliche Futteraufnahme begünstigt wird. Zuletzt wurden die Trennwände zwischen den Buchten im hinteren Bereich entfernt. Nur noch ein Kontaktgitter trennt die beiden Bereiche voneinander ab. Nun können sich alle Schweine im Raum sehen und kennenlernen. In den Fußboden wurden Heizungsrohre eingesetzt, die den Stall erwärmen und kühlen können. Das Ergebnis: Die Weiterentwicklung der Stallabteile brachte einen spürbaren Wohlfühleffekt für die Tiere, der mit dem Innovationspreis Tierwohl ausgezeichnet wird.
2. Preis Aktivstall, Heinz Hackmann
Landwirt Heinz Hackmann betreibt seit 1989 eine Schweinemast in Hemmelte in Niedersachsen. Tierwohl war und ist ihm wichtig. Deshalb war er sofort begeistert, als er vor drei Jahren von einem neuen Stallkonzept seiner Kollegin Gabriele Mörixmann hörte, das den Schweinen besonders viel Platz, Bewegung und Abwechslung bietet. Und das in bestehenden Gebäuden. Schnell stand der Entschluss fest: auch auf seinem Hof sollte es einen sogenannten „Aktivstall“ geben.
Um das Konzept in einem alten Stall der Schwiegereltern umzusetzen, reichten kleinere Umbaumaßnahmen aus. Mit großer Wirkung: So bietet der Stall heute 240 Tieren vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten, viel Platz und Tageslicht. In den fünf unterschiedlichen Stallbereichen wechseln sich Spaltenböden und Stroh ab. Es gibt Liege- und Spielbereiche, Scheuerbalken, Sisalseile, Bürsten und Ketten mit Weichhölzern. Auch zum Fressen und Saufen müssen die Schweine aktiv werden, um die Tränken und Futterstellen zu erreichen. Das Verhalten der Tiere in der Gruppe hat sich verbessert, sodass auf das vorsorgliche Kürzen der Schwänze meist verzichtet werden kann. Das Konzept für mehr Tierwohl und Tiergesundheit überzeugt Heinz Hackmann. Deshalb plant er, weitere Aktivstall-Mastplätze zu schaffen. Mit seiner Umsetzung des Aktivstalls hat er auch die Initiative Tierwohl überzeugt und erhält deshalb den Innovationspreis Tierwohl.
1. Preis „Mobile Auslaufhaltung“, Peer Sachteleben
Peer Sachteleben betreibt seit gut einem Jahr den Schlehbaumhof im niedersächsischen Osnabrück. Ihm ist das Wohl seiner Tiere sehr wichtig. Daher machte sich der Landwirt von Anfang an intensive Gedanken darüber, wie die Schweinhaltung auf seinem Hof aussehen könnte. Sachteleben beschäftigte unter anderem die Frage, wie er seinen Tieren genügend Auslauf bieten kann, und dabei dennoch die strengen Vorgaben des örtlichen Veterinäramtes einhält.
Sachteleben entwickelte eine Auslaufhaltung in mobilen Schweineställen. Sie kombiniert Vorteile einer Stall- und Freilandhaltung. Im mobilen Stall steht den Tieren ein geschützter Raum mit großen Liegeflächen, verschiedenen Klimazonen und einer fest installierten Wasser- und Futterversorgung zur Verfügung. Neu ist, dass die Ställe fahrbar sind und sich mit den Tieren an Board als Anhänger ziehen lassen. Das ermöglicht dem Landwirt, die Ställe auf unterschiedliche Weideflächen umzustellen und den Tieren so einen Zugang zu großem Auslauf im Freiland zu bieten. Durch einsetzbare Türelemente erfüllen sie auch die strengen Vorgaben zum Seuchenschutz. Für die gelungene Umsetzung seiner Idee wird Peer Sachteleben mit dem Innovationspreis Tierwohl ausgezeichnet.
Empfänger von Fördergeldern
Projekt 1: Kluger Stall, Gé Backus, Connecting Agri & Food
Nur wenige wissen, dass ein optimales Stallklima erheblich zu einer guten Tiergesundheit und weniger Stress beiträgt. Häufig wissen Landwirte, beispielsweise Schweinehalter von Mastschweinen und Ferkeln, gar nicht so genau, wie es um das Klima in den verschiedenen Abteilungen ihrer Ställe eigentlich bestellt ist. Dabei führen gesunde Tiere letztendlich auch zu besseren finanziellen Ergebnissen eines landwirtschaftlichen Betriebes.
Gé Backus von Connecting Agri & Food, einer der beiden Gewinner in der Kategorie „Projektförderung in der Praxis – Wissenschaft“ ist auf dieses Problem aufmerksam geworden. Als Direktor von Connecting Agri & Food, einem Unternehmen, das mit Beteiligten der Lieferkette im Agrar- und Lebensmittelsektor zusammenarbeitet, hat er regelmäßig mit Menschen zu tun, die in der Landwirtschaft arbeiten.
„Mir ist in meinen Gesprächen aufgefallen, dass viele Landwirte die Bedeutung eines guten Stallklimas gar nicht genau kennen. Das Klima nimmt einen großen Einfluss auf das Verhalten der Schweine und ihre Gesundheit. Mit unserem System ‚Kluger Stall‘ wollen wir Landwirten ein Tool an die Hand geben, dass ihnen die Überwachung der nötigen Richtwerte erleichtert“, erklärt Gé Backus seine Motivation für das Projekt.
Stabiles Klima sorgt für weniger Stress
Um das Klima in einem Schweinestall einschätzen zu können, sind vor allem vier Richtwerte ausschlaggebend: neben Temperatur und Luftfeuchtigkeit außerdem der Kohlendioxidgehalt (CO2) sowie der Ammoniakgehalt (NH3). Diese Werte können sowohl innerhalb als auch zwischen verschiedenen Tagen erheblich voneinander abweichen. Optimal sind dagegen möglichst stabile klimatische Bedingungen, und niedrige Werte für NH3. Ein wichtiger Nebeneffekt eines optimalen Klimas: Durch die geringere Stressbelastung der Tiere nimmt die Wahrscheinlichkeit von Problemen wie dem Schwanzbeißen ab. Im Idealfall könnte auf diesem Wege sogar auf das vorsorgliche Kupieren der Schwänze bei Ferkeln verzichtet werden.
Zusammen mit dem ICT-Unternehmen Whysor hat Gé Backus‘ Unternehmen eine technische Lösung entwickelt, die das Stallklima im Blick behält. Sie soll es Schweinehaltern ermöglichen, jederzeit Einblick in die klimatischen Bedingungen der Ställe ihrer Ferkel und Mastschweine zu erhalten und, wenn nötig, aktiv zu werden. Dazu werden zunächst Sensoren in den Ställen angebracht, die im Minutentakt Messwerte an das „Kluger Stall“-Dashboard senden. Hier werden sie übersichtlich für den Landwirt aufbereitet. Die Werte können zusätzlich auf Smartphone, Tablet oder PC abgerufen werden.
„Kluger Stall“ – Ein Stall, der mitdenkt
Im zweiten Schritt werden für jeden Betrieb individuelle Schwellenwerte festgelegt. Werden diese überschritten, löst eine Alarmfunktion aus. Der Landwirt erhält eine Benachrichtigung auf sein Smartphone, kann so aktuelle Extremsituationen erkennen und direkt auf diese reagieren. Die Software hat noch weitere Funktionen: So kann sich der Landwirt tägliche Zusammenfassungen, grafische Darstellungen der Messwerte und einen Klimareport anzeigen lassen. Außerdem wird den teilnehmenden Landwirten der Vergleich mit den anderen Mitgliedern einer Erzeugergemeinschaft ermöglicht.
Ziel des Projektes ist es, mithilfe moderner Tools das Verständnis der Schweinehalter für das Klima in den Ställen zu vermitteln und ihnen zu helfen, zukünftig Fehler in der Klimaführung ihres Stalls zu vermeiden. Bereits seit Dezember 2017 ist das Projekt praxisfertig, nun kann es in einem ersten Pilotprojekt getestet werden: Mit seinem Pilotprojekt „Kluger Stall“ konnte Gé Backus die Jury überzeugen und erhält eine Projektförderung mit Vollfinanzierung für ein Pilotprojekt mit ca. 30 Teilnehmern.
Projekt 2: Automatisches Frühwarnsystem zur Detektion von Verletzungen bei Puten, Dr. med. vet. Birgit Spindler
Verletzungen der Tiere in Putenställen, hervorgerufen durch gegenseitiges Bepicken, haben vielfältige Gründe – ein zu eng besetzter Stall ist nur ein möglicher davon. Ein automatisches Frühwarnsystem soll deshalb dazu beitragen, Verletzungen bei Puten schneller aufzuspüren. Entwickelt wird das System unter der Leitung von Dr. med. vet. Birgit Spindler, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und Leiterin der Arbeitsgruppe Tierschutz am Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie.
Das von Dr. med. vet. Birgit Spindler zu entwickelnde, kamerabasierte Frühwarnsystem soll es ermöglichen, erste Anzeichen von Kannibalismus-Verletzungen in Putenställen frühzeitig zu erkennen. Landwirte erhalten so die Möglichkeit, sich umgehend um die verletzten Tiere zu kümmern.
„Wir haben festgestellt, dass ein frühzeitiges Eingreifen bei ersten Anzeichen von gegenseitig zugefügten Pickverletzungen in Putenherden die Anzahl der betroffenen Tiere stark reduzieren kann. Dabei trägt die frühzeitige Detektion von verletzten Tieren durch eine kontinuierliche Überwachung erheblich zur Verbesserung von Tierwohl und Tiergesundheit bei“, erläutert Dr. med. vet. Spindler die Vorteile ihres Systems.
Nicht nur in der Intensivtierhaltung: Kannibalismus im Putenstall
Mit einer Prävalenz von bis zu 13 Prozent ist das Auftreten von Kannibalismus, also das gegenseitige Bepicken, in der Putenmast ein ernstzunehmendes Tierschutzproblem. Der Begriff Prävalenz stellt die Häufigkeit von erkrankten Tieren zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitabschnitt dar. Die Verhaltungsstörung, die diesem Fehlverhalten zugrunde liegt, kann bei Puten in allen Haltungsformen vorkommen – von Intensivtierhaltung bis Bio. Bisher ist es in den meisten Haltungsformen üblich, die Schnäbel der Puten vorsorglich zu kürzen und so die Schäden durch Pickverletzungen zu minimieren. Um zukünftig auf diese Maßnahme verzichten zu können, gilt es neben der Suche nach den Auslösern, das Management und die Haltung der Tiere zu optimieren.
Das Frühwarnsystem basiert auf der Idee, Bilder aus dem Stall auszuwerten und einzuordnen. Im Zuge der Bildverarbeitung kommen sogenannte neuronale Netze zum Einsatz. Die Funktionsweise von künstlichen, neuronalen Netzwerken kann wie Nachahmung von Informationsverarbeitung im Gehirn auf technischem Weg beschrieben werden.. Solche Netzwerke werden aktuell bereits genutzt, um Verletzungen bei einzelnen Schweinen festzustellen. Jetzt soll untersucht werden, ob die Erweiterung des Verfahrens auf größere Tiergruppen, wie sie beispielsweise in einer Putenmast vorkommen, möglich ist.
Ein intelligentes System, das bei Gefahr Alarm schlägt
Zu Beginn des Projektes muss das zu entwickelnde, lernfähige System mit Bildmaterial von gesunden Puten im Normalzustand und mit Tieren mit Verletzungen trainiert werden. Das über mehrere Mastdurchgänge zusammengestellte Material wird anschließend in Einzelbilder zerlegt und manuell analysiert. Werden verwundete Tiere erkannt, wird die Verletzung markiert und im System hinterlegt. Auf diese Weise wird das neuronale Netzwerk trainiert, sodass das System zukünftig das aufgenommene Bildmaterial selbstständig auswerten und in Echtzeit verarbeiten kann.
Anders als bei den momentan vorgeschriebenen Kontrollgängen, , hat der Landwirt, unterstützt durch das System, einen lückenlosen Überblick über die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Tiere und erhält bei Abweichungen von den Normalwerten umgehend eine Benachrichtigung. So kann der Landwirt schnell eingreifen und, wenn nötig, betroffene Tiere von der Gruppe trennen. Kleine, augenscheinlich unauffällige Verletzungen können in der Putenmast in kürzester Zeit zu massiven Problemen führen. Die Wahrscheinlichkeit, diese zu übersehen, ließe sich durch das Frühwarnsystem stark minimieren. Mit ihrem Konzept konnte Dr. med. vet. Birgit Spindler die Jury der Initiative Tierwohl überzeugen und erhält eine Projektförderung mit Vollfinanzierung in Höhe von 228.736 Euro.
Quelle: Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH