28 Jun 2018

Bauerntag 2018: „Tierhaltung in der Öffentlichkeitsarbeit“

Johannes Röring beklagte zur Eröffnung des Forums 2: „Tierhaltung in der Öffentlichkeitsarbeit“, die öffentliche Diskussion habe in den letzten Jahren an Heftigkeit zugenommen. Trotz zahlreicher Initiativen aus der Landwirtschaft. Auch kämen einerseits immer neue Themen aufs Tapet, andererseits fehle aber die Verlässlichkeit. Wer vor drei Jahren einen neuen Stall gebaut hätte, würde heute schon wieder zum Umbau aufgefordert.

Allein gelassen sieht sich der WLV-Präsident von der Wissenschaft. Den Ringelschwanz wollten zwar alle am Schwein sehen, praktische Hilfen zur Umsetzung blieben aber weitgehend aus.

Sigmund Gottlieb, ehemaliger Chefredakteur des bayerischen Fernsehens, berichtete in seinem Kurzvortrag, kein Berufszweig habe sich so oft bei seinem Sender beschwert, wie die Bauern und ihre Verbände. Er benannte aber auch durchaus Schwachstellen der eigenen Branche. So fühlten viele Journalisten eine Nähe zu Tierschutzorganisationen, bei einigen sei das Verhältnis sogar zu innig.

Ebenso wies er auf Nachteile der medialen Digitalisierung hin. Zeit- und Kostendruck machten Recherche oft zur Nebensache. Den Fachmann für Landwirtschaft würde (könnte) sich heute kein Medium mehr leisten, es säßen nur mehr Generalisten in den Redaktionen. Auch hätten Sensation, Skandal und die Vermischung von Meldung und Meinung, das größte Klick-Potential für die Online-Redaktionen.

Allerdings, so Gottlieb weiter, sei Kommunikation nicht nur Hol- sondern auch Bringschuld. Und da hätten sich die Bauern zu lange versteckt, teilweise sogar regelrecht Angst vor Medien entwickelt. Kritisch müssten Medien zwar immer sein, Feindseligkeit gegenüber der Landwirtschaft gäbe es aber nicht.

Einen spannenden Impulsvortrag hielt Dr. Christian Dürnberger, gelernter Philosoph und Tierethiker vom Messerli-Forschungsinstitut in Wien.

Heute verlangten Verbraucher von der Landwirtschaft neben Nahrungsmitteln ebenso selbstverständlich hohe ethische Werte. Digitalisierte und hochtechnisierte Betriebe lösten bei Laien Verlustängste aus, weil der ursprünglich-bäuerliche Charakter dort verschwunden sei. Allerdings weiß auch der Wiener Philosoph, dass zwei Arten Landwirtschaft – eine für den Geldbeutel und eine andere fürs Gemüt – schwer umzusetzen sind.

Dürnberger stellte fünf Thesen für die Landwirtschaft auf:

1. Wir, Landwirte inklusive, sollten froh sein, in einer Wohlstandsgesellschaft zu leben, statt unter Mangel zu leiden.

2. Tierwohl sei tatsächlich wichtig. Und nicht mit PR zu verwechseln.

3. Würden Medien über Missstände in einzelnen Betrieben berichten, sollten sich Landwirte nicht als „Schicksalsgemeinschaft“ verstehen und Gesetzesbrüche von Berufskollegen verteidigen.

4. Der Durchschnittsbürger habe im Grunde keine Ahnung, was Tierwohl bedeutet. Sähe er entspannte Kühe im Stall liegen, sehen die für ihn eher krank aus.

5. Vertrauen entstehe durch persönliche Begegnung.

In der anschließenden Podiums-Diskussion kam er auf den letzten Punkt nochmals zurück: Zielkonflikte gäbe es reichlich, doch eine gesamt-gesellschaftliche Debatte fände nicht statt. Deshalb sei der persönliche Kontakt so wichtig. Es gelte dabei auch, „den Graubereich der Wirklichkeit“ zu zeigen. Ein Kuhstall wecke nicht unbedingt negative Assoziationen, der Schweinestall dagegen schon. Die Kuh liefere Milch, Käse und Joghurt, beim Schwein allerdings ließe sich dessen Tod nicht ausblenden. Und diesen Zusammenhang wolle sich heute niemand mehr vor Augen halten.

Hauke Pein, Milchviehalter aus dem Hamburger Umland, erzählte von den 40.000 Besuchern, die er jährlich auf seinem Hof empfängt und wie er dann mit Laien über Milchviehhaltung spricht. Da werden Trockensteher zur Reha-Gruppe und die Abkalbebucht zum Kreissaal.

Über das richtige Wording und Schlagworte diskutierten anschließend die Männer auf dem Podium (ja, bei der Frauenquote hätte es noch Luft nach oben gegeben). Werner Schwarz, Verbands-Vize für Öffentlichkeitsarbeit, fragte, ob sich Kampfbegriffe wie „Massentierhaltung“ und „Agrarindustrie“ irgendwie ins Positive drehen ließen? Worauf der Medienprofi Gottlieb zu Redaktions-Präsentationen riet, aber gleich anmerkte, auch die könnten nur langfristig Erfolge bringen.

Bei manchen Themen sei aber positive Emotionalität und freundliches Wording unmöglich, merkte Werner Schwarz an. Manche Themen, wie z. B. Ferkelkastration, ließen sich eben nur sachlich darstellen. Und niemand wollte widersprechen.

Mit Publikumsverkehr im Kuhstall seien die Kollegen sicher auf einem guten Weg, sagte Schwarz. Im eigenen Sauenzuchtbetrieb könne er sich das aber, schon der Hygiene wegen, nicht vorstellen. Ob denn stattdessen mehr Webcams dem Bürger vielleicht auch die Sauenhaltung näher bringen könnten, war die nächste Frage. Am besten gleich 1.000 Stück davon.

Hier warnte Christian Dürnberger sofort, man dürfe Laien mit Stall-Bildern nicht alleine lassen. Bei einer Live-Übertragung vom Kuhstall auf den Kudamm, hätten Passanten zwar interessiert zugeschaut. Mit dem Kuh-Komfort konnten sie jedoch nichts anfangen und meinten, es sei doch schade, dass die armen Tiere immer unter dieser Bürste durchlaufen müssten.

Vielleicht lag Johannes Röring bei seiner Einführung ja nicht ganz verkehrt mit der Frage: welche Kommunikations-Kanäle brauchen wir: eine CMA 2.0? Mehr Social-Media-Einsatz? Oder gleich einen eigenen TV-Sender?

Egal für welche Wege sich der Verband entscheidet, hat auch die gestrige Veranstaltung gezeigt: es bleibt mühsam!

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