AMG-Evaluierungsbericht belegt: Tierärzte gehen sorgfältig mit Antibiotika um
Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Bericht zur Evaluierung des Antibiotikaminimierungskonzepts der 16. Arzneimittelgesetz-Novelle (AMG-Novelle) belegt eindeutig den sorgfältigen Einsatz von Antibiotika durch Tierärzte. Die Antibiotikaabgabemenge von pharmazeutischen Unternehmen an Tierärzte wurde von 2011 bis 2017 um 57 Prozent von 1706 t auf 733 t gesenkt. Die Gesamtverbrauchsmenge an antibiotischen Wirkstoffen, die für die sechs Nutzungsarten Aufzuchtferkel, Mastschweine, Masthühner, Mastputen, Mastkälber und Mastrinder seit dem zweiten Halbjahr 2014 erhoben wird, sank zum zweiten Halbjahr 2017 um 31,6 Prozent von 298 t auf 204 t. Ein wie auch immer geartetes „Ausweichverhalten“ fand nicht statt und es gab auch keine Verschiebung in Richtung der sogenannten Reserveantibiotika. Auch Long acting/One Shot-Präparate wurden nicht eingesetzt, um die Therapiehäufigkeit zu senken. Vor allem aber zeigt sich schon jetzt eine Verbesserung der Resistenzsituation bei bestimmten Bakterien.
Der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt), Dr. Siegfried Moder, ist mit dem Evaluierungsergebnis sehr zufrieden. „Zeigt es doch, dass in allen sechs Nutzungsgruppen der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert wurde und sich damit die im April 2014 in Kraft getretene 16. AMG-Novelle positiv ausgewirkt hat. Auswirkungen auf Keime in der Lebensmittelkette können derzeit noch nicht erwartet werden, da sich diese nur zeitverzögert einstellen. Hier muss man einen Zeitraum von fünf Jahren ansetzen.“ Einige Aspekte des Berichts bedürfen nach Moders Auffassung allerdings noch einer genaueren Beurteilung und Analyse.
Entgegen den Angaben im Evaluierungsbericht haben auch die Betriebe mit Geflügelhaltung im QS-System zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes beigetragen (Masthühner -14,7 %, Mastputen -25,2 %). Das belegen die Zahlen des aktuellen Statusberichts zum Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung der QS Qualität und Sicherheit GmbH. Die Reduktion der Antibiotikaanwendungen fällt damit bei den Betrieben im QS-System anscheinend deutlich höher aus als bei den nach AMG erfassten Betrieben. Ein Grund dafür könnten die im AMG festgelegten Bestandsuntergrenzen sein. Allerdings muss der Einsatz der so genannten Reserveantibiotika und von Colistin hinterfragt werden.
Des Weiteren wird im Bericht die Vermutung geäußert, dass der Antibiotikaeinsatz möglicherweise in Bereiche ohne Mitteilungspflicht verlagert werde, zum Beispiel bei schweinehaltenden Betrieben in die Nutzungsgruppe der Sauen und Saugferkel. Den Daten des Antibiotikamonitorings im QS-System zufolge ist auch diese Aussage nicht haltbar. Anders als im AMG wird im QS-System die Nutzungsgruppe Sauen und Saugferkel erfasst und es konnte – trotz des deutlich verminderten Antibiotikaeinsatzes bei Aufzuchtferkeln und Mastschweinen – kein Anstieg, sondern vielmehr eine Reduktion der Verbrauchsmengen festgestellt werden.
Ebenso bedarf die pauschale Aussage im Evaluierungsbericht, größere Betriebe hätten einen höheren Antibiotikaverbrauch, einer differenzierteren Betrachtung. Eine Studie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zeigt nämlich, dass die Verwendung von Antibiotika insbesondere durch die Betriebskategorie (geschlossenes System oder spezialisierte Produktion) beeinflusst wird.
„Es ist an der Zeit, sich jetzt nicht noch auf weitere Antibiotikareduktionen zu fokussieren, sondern endlich die seit Jahren geforderten, notwenigen Änderungen im AMG vorzunehmen. Schließlich wollen wir ja nicht reduzieren um des Reduzierens willen, sondern um Resistenzen zu minimieren“, macht Siegfried Moder deutlich. Änderungsbedarf sieht der Verband vor allem in der Festlegung einer verbindlichen, gesetzlichen Wirkdauer bei One-Shot-Präparaten. Nicht sinnvoll erscheint überdies die Wertung von fest zugelassenen Kombinationspräparaten bei der Errechnung der Therapiehäufigkeit. Letztlich ist aber auch zu klären, ob eine einheitliche europäische Kennzahl nicht zielführender wäre als die Therapiehäufigkeit und ob die Festlegung der derzeitigen Kennzahl 2 Sinn ergibt, da bei einigen Nutzungsarten zu viele Betriebe reglementiert werden.
Mit Blick auf die Diskussion auf EU-Ebene hinsichtlich der Definition von Reserveantibiotika im Zuge der Umsetzung der EU-Tierarzneimittelverordnung zeigt der Bericht, dass es keiner Verbote bedarf, wenn Antibiotika gezielt eingesetzt werden.
Evaluierungsbericht und QS-Stellungnahme zum Download auf der Website des bpt.
Quelle: bpt.