11 Feb 2017

Wie können wir beurteilen, ob es Schweinen gut geht?

Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth übergibt Förderbeleg für Forschungsprojekt an der TiHo.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) für drei Jahre ein Forschungsprojekt, das helfen soll, das Tierwohl von Schweinen besser beurteilen zu können. Die Fördersumme für die TiHo beträgt über 730.000 Euro. Der komplette Titel des jetzt startenden Forschungsprojekts lautet: „Multivariate Bewertung des Tierwohls durch integrative Datenerfassung und Validierung von Tierwohlindikatoren in Schweinebeständen (MulTiViS)“.

Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL, übergab den Zuwendungsbescheid an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie sagte: „MulTiViS ist ein zukunftsweisendes Projekt, um faktenbasierte Entscheidungen im Sinne des Tierwohls treffen zu können.“

Um überhaupt bewerten zu können, ob es Tieren, so wie sie gehalten werden, gut geht, ist es erforderlich, Faktoren zu benennen, mit denen das Wohl der Tiere gemessen werden kann. Auch um die Entwicklung über Jahre zu verfolgen, sind klar definierte Messgrößen notwendig. „Um eine verlässliche Aussage über das Wohlbefinden von Tieren treffen zu können, reicht das Bauchgefühl nicht aus“, sagt Professor Dr. Lothar Kreienbrock, Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, der das Projekt zusammen mit Agrarwissenschaftler PD Dr. Hubert Gerhardy, MSG Garbsen, leitet. In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl sogenannter Tierwohlindikatoren beschrieben, die zum einen helfen sollen, das Wohl einzelner Tiere zu beurteilen. Zum anderen dienen sie dazu, an der Lebensmittelkette beteiligte Akteure, wie landwirtschaftliche Betriebe, die Futtermittelwirtschaft oder Schlachthöfe, zu beurteilen.

Tierärzte und Tierhalter nutzen diese Indikatoren, um Rückschlüsse auf das Tierwohl und auf Erkrankungen zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen einzuleiten, um die Situation zu verbessern. Für Schweine gibt es viele Ideen für Indikatoren. So könnten beispielsweise Befunde aus der Schlachttieruntersuchung systematisch erfasst und genutzt werden, um daraus Rückschlüsse auf das Tierwohl abzuleiten. Klauen- oder Gelenkdeformationen würden dann beispielsweise auf eine schlechte Haltung hinweisen.

Kreienbrock sagt: „Obwohl eine Vielzahl von Vorschlägen zur Nutzung von Tierwohlindikatoren existiert, sind diese Vorschläge bis heute nur ansatzweise umgesetzt.“ Die Ursachen dafür sind vielfältig. So unterscheiden sich die Situationen in der Praxis sehr häufig; wurde die Eignung eines Indikators für die Beurteilung nicht geprüft, kann es zu Fehlinterpretationen kommen. Viele Indikatoren werden zudem im Schlachthof (post mortem) und nicht bereits im landwirtschaftlichen Betrieb am lebenden Tier erhoben. Häufig erfolgt die Erfassung der Indikatoren nicht harmonisiert.

Das Ziel der Wissenschaftler, der landwirtschaftlichen Betriebe und der Spezialberater ist es, ein System zu entwickeln, dass es ermöglicht, Tierwohlindikatoren bei Schweinen zuverlässig und vergleichbar zu erfassen. Dafür werden sie das Tierwohl und die Tiergesundheit in verschiedenen Schweinemastbeständen beschreiben, anschließend werden sie die Tierwohlindikatoren im landwirtschaftlichen Betrieb und im Schlachthof erfassen und schließlich die Tierwohlindikatoren in einer Gesamtbewertung zusammenfassen. Dabei werden sie besonders darauf achten, die Praxistauglichkeit zu verbessern und die Korrelation zwischen den Indikatoren zu berücksichtigen. Außerdem werden sie die Indikatoren gewichten, sodass sie der Praxissituation entsprechen.

„Wir gehen davon aus, dass ein wesentlicher Teil des Tierwohls auf den landwirtschaftlichen Betrieben erreicht wird und dementsprechend hier der Fokus der Betrachtung liegen muss“, sagte Kreienbrock. „Indikatoren, die ausschließlich am Schlachthof erfasst werden, können nur einen Teil der Beschreibung des Tierwohls ausmachen.“ Es gilt also, Indikatoren zu bestimmen, die unmittelbar am lebenden Tier im Betrieb erfasst werden.

Außer dem Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung sind von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover das Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie und die Außenstelle für Epidemiologie in Bakum an dem Projekt beteiligt. Des Weiteren sind der Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der Verein zur Förderung der bäuerlichen Veredelungswirtschaft e.V. in Uelzen sowie der Marketing Service Gerhardy, Garbsen als aktive Partner Mitglieder im Forschungsverbund.

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

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