15 Dez 2013

Wie geht es weiter?

In der öffentlichen Wahrnehmung ist bisher vor allem die Landwirtschaft Schuld an der Misere. Früher war nur von „Krankenhauskeimen“ die Rede, jetzt sind es Landwirte und Tierärzte und deren angeblich unverantwortlicher Umgang mit Antibiotika, der tödliche Gefahren für den Menschen schafft. In den Gesprächen mit allen Wissenschaftlern, die hier Ihre Forschungsergebnisse vorstellen, kam diese Sichtweise dagegen niemals vor. Human- und Veterinärmediziner sind längst einig darin, dass gegenseitige Schuldzuweisungen nicht weiterhelfen und beide Seiten große Verbesserungs-Potentiale haben. Und diese auch schleunigst nutzen müssen, wenn heute schon bestehende Bedrohungen für Mensch und Tier nicht völlig unbeherrschbar werden sollen.

Schon jetzt sind antibiotikaresistente Keime in Nutztierställen wie Krankenhäusern weit verbreitet. Tatsächlich ist kein einziges Antibiotikum auf dem Markt, gegen das es nicht auch unempfindliche Keime gäbe. Das Beispiel Italien und die dramatische Resistenz-Entwicklung dort gegen die modernsten Wirkstoffe, zeigt den Ernst der Lage: Seit 2010 stieg in dem EU-Land die Resistenz gegen Carbapeneme von 1,5% über 15%  in 2011 auf 30% im Jahr 2012.

Wenn kein aktuell auf dem Markt erhältliches Antibiotikum mehr hilft, werden heute notfalls Mittel eingesetzt, die vor Jahren für die Behandlung von Menschen verboten wurden. Wegen ihrer schweren Nebenwirkungen waren sie aus der Humanmedizin verbannt, stellen aber jetzt wieder die Ultima Ratio dar.

Die Entwicklung ganz neuer Antibiotika jedoch ist unter derzeitigen Bedingungen gar nicht zu erwarten. Für ein Pharmaunternehmen wäre es schlicht zu teuer, einen ganz neuen Wirkstoff zu entwickeln. Denn sobald er auf den Markt käme, müsste er sofort zum Reserveantibiotikum erklärt werden und käme deshalb nur in höchster Not und in kleinsten Mengen zum Einsatz. Auf den Investitionen in Entwicklung und Herstellung bliebe der Anbieter daher sitzen.

Man kann kaum  verlangen, dass ein Wirtschaftsunternehmen ein solches Maß an Altruismus zeigt. Hier können nur der Staat oder z. B. die EU eingreifen und entsprechende Neuentwicklungen in Auftrag geben und diese auch finanzieren. Dann allerdings müsste auch für minimalen und  verantwortungsvollen Einsatz dieser echten Reservemedikamente gesorgt werden.

In diesem Sinne wollen wir am Ende die Forderungen zweier Wissenschaftler hervorheben: die Erhaltung der Wirksamkeit von Antibiotika zum „öffentlichen Schutzgut“ zu erklären, wie es Prof. Thomas Blaha vorschlägt. Und die Empfehlung von Prof. Volker Krömker „schnellstmöglich von der Feuerwehr-Medizin zum Brandschutz überzugehen“.

[zum Anfang]