05 Mrz 2016

Grüne bestätigen zum wiederholten Mal Ergebnisse wissenschaftlicher Test des BfR

Am 4. März stellten Vertreter von „Bündnis90/Die Grünen“ Details einer „Urinale“ genannten Aktion vor. Sieht man über die fachlichen Mängel der nicht-repräsentativen Untersuchung von Urinproben hinweg, zeigen die veröffentlichten Ergebnisse, dass keinerlei gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung festgestellt wurde. Wie bereits bei kürzlich kolportierten Glyphosatfunden in Bier, liegen die Rückstandswerte auch hier so deutlich unter der Unbedenklichkeitsschwelle, dass sie nur mit modernster Analytik nachweisbar sind.

Dies dürfte natürlich auch den Initiatoren der „Studie“ bewusst sein, da immerhin ausgebildete Naturwissenschaftler involviert waren. Umso erstaunlicher erscheint dann aber die Aussage, auch verschwindend geringe Mengen gesundheitsgefährdender Stoffe dürften nicht in den menschlichen Körper gelangen. Zu Ende gedacht bedeutet dies z. B. ein sofortiges Alkoholverbot und auch, dass Nahrungsmittel wie Salz aus dem Verkehr gezogen werden müssen, kann doch bereits die Aufnahme von 0,5 bis 1 Gramm Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht zum Tode führen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung, Deutschlands Fachbehörde für Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit, äußert sich ausführlich zum Thema und stellt im Einzelnen fest:

Empfindliche Bevölkerungsgruppen, insbesondere Kinder, sind das Maß aller Dinge bei der wissenschaftlichen Risikobewertung

Kinder gelten als besonders empfindlich gegenüber potenziell gesundheitsschädlichen Stoffen. Dies wird bei der Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln sowie bei der Festlegung von Grenzwerten bedacht. Dazu werden die von internationalen Expertengremien aufgestellten toxikologischen Grenzwerte, wie der ADI (die akzeptable tägliche Aufnahmemenge eines Stoffes) bzw. die ARfD (Akute Referenzdosis), mit der Exposition von Kindern verglichen. Dies gilt auch für die Risikobewertung von Glyphosat.

Glyphosat ist als Wirkstoff in einer Reihe von in Deutschland und auch weltweit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten, aus deren Anwendung sich Rückstände in Lebensmitteln ergeben können. Wenn die gesetzlich festgelegten Höchstgehalte nicht überschritten werden, ist das Auftreten solcher Rückstände gesundheitlich unbedenklich und daher auch gesetzlich zulässig. Glyphosatnachweise im Urin sind aus wissenschaftlicher Sicht in geringen Konzentrationen zu erwarten, sie zeigen, dass Glyphosat, vorwiegend mit dem Urin, rasch wieder ausgeschieden wird.

Über alle Lebensmittel hinweg, die in den vergangenen sechs Jahren im Rahmen des deutschen Lebensmittelmonitorings untersucht worden sind, sind knapp 1400 Proben auf Glyphosat untersucht worden. Für eine belastbare Aussage zur tatsächlichen Exposition der deutschen Bevölkerung ist diese Probenzahl als zu gering einzuschätzen. Insgesamt sind in 24 der untersuchten Proben Rückstände gefunden worden. Die Glyphosatexposition entspricht bei Kindern und Erwachsenen weniger als 1 % des ADI-Wertes.

Bei einer sachgerechten Anwendung in der Landwirtschaft sind auch für Kinder keine gesundheitlichen Risiken von Glyphosat zu erwarten. Die Risikobewertung in Zulassungs- und Genehmigungsverfahren sieht vor, dass bei allen betroffenen Bevölkerungsgruppen die höchste anzunehmende Aufnahmemenge berücksichtigt wird. Dies schließt Kinder mit ein. Diese Bewertung des BfR wird von den europäischen Experten der Mitgliedsstaaten in der Schlussfolgerung der europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) klar bestätigt.

Kinder sind besonders zu schützen und gelten als sehr empfindlich gegenüber potenziell gesundheitsschädlichen Stoffen. Dies wird bei der Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Wirkstoffen in Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmitteln sowie bei der Festlegung von Grenzwerten bedacht. Dazu werden die toxikologischen Grenzwerte, wie der ADI (die akzeptable tägliche Aufnahmemenge eines Stoffes) bzw. die ARfD (Akute Referenzdosis), mit der Exposition von Kindern verglichen. Bei der Ableitung solcher für die gesamte Lebensspanne geltenden toxikologischen Grenzwerte wird auch das schwächste (empfindlichste) Glied innerhalb der betroffenen Bevölkerungsgruppe (Population) berücksichtigt.

Rückstände von zugelassenen Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Lebensmitteln sind bis zu den festgelegten Rückstandshöchstgehalten zulässig und gesundheitlich unbedenklich. Menschen und Tiere können zwar über Lebensmittel und Futtermittel geringe Mengen von Glyphosat aufnehmen. Da aber Glyphosat vom Körper schnell wieder ausgeschieden wird, ist zu erwarten, dass Spuren des Wirkstoffes im Urin von Menschen und Tieren nachzuweisen sind. Die bisher nachgewiesenen Glyphosatkonzentrationen im Urin deuten jedoch nicht auf eine gesundheitlich bedenkliche Belastung von Verbrauchern mit Glyphosat hin. Dank einer sich stetig verbessernden Analytik können immer kleinere Mengen von Stoffen nachgewiesen werden. (Zu Fortschritten in der Analysetechnik siehe Meldung vom 2. März 2016)

Bei der Frage, ob die festgesetzten Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in Lebensmitteln auch für Kinder sicher sind, wird neben spezifischen toxikologischen Daten mit Relevanz für Kinder auch der für die Ableitung des ADI verwendete Sicherheitsfaktor betrachtet. Das gleiche gilt auch für die Akute Referenzdosis. In die Expositionsabschätzung gehen spezifische Verzehrdaten für Kinder ein, da sie das 3- bis 4-fache, bezogen auf ihr Körpergewicht, verzehren wie Erwachsene.

Glyphosat im Urin: Werte liegen auch bei Kindern im erwartbaren Bereich und sind gesundheitlich unbedenklich

Aussagekraft der sogenannten Urinal-Untersuchung wegen nicht-wissenschaftlicher Probenahme und statistischer Mängel gering

Die in der Heinrich-Böll-Stiftung am 4. März 2016 vorgestellten Werte zum Glyphosatgehalt in Urin sind nach einer Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen gesundheitlich unbedenklich. „Diese sehr geringen Gehalte sind nach unserer Einschätzung erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff ist und folglich Rückstände mit der Nahrung aufgenommen und somit auch ausgeschieden werden können“, kommentierte BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel die veröffentlichten Ergebnisse der Untersuchung. „Das BfR hat vergleichbare Urinwerte in der Vergangenheit bereits wissenschaftlich bewertet und die Ergebnisse veröffentlicht.“ Rechnet man die Urinwerte auf die täglich aufgenommene Menge an Glyphosat zurück, so zeigt sich, dass die untersuchte Person mit dem höchsten Glyphosatgehalt von etwa 4 ng je ml Urin weniger als ein Hundertstel der täglich duldbaren Aufnahmemenge von 0,5 mg je Kilogramm Körpergewicht aufgenommen hat. Die Daten bestätigen damit die abgeschätzten Aufnahmemengen, die das BfR in der Rückstandsbewertung im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung vorgenommen hatte.

Die auf Initiative einer Bürgerinitiative beauftragte Untersuchung weist grobe Mängel insbesondere im Bereich der Probenahme auf. So wurden die Proben nicht, wie bei wissenschaftlichen Studien üblich, überwacht gezogen und tiefgefroren an das Labor gesandt. Dies kann zu Verunreinigungen und Veränderungen in der Zusammensetzung der Proben z. B. auf dem Transportweg führen.

Insgesamt hatten die Auftraggeber über 2000 nicht repräsentativ ausgewählte Proben von Freiwilligen eingesammelt und analysieren lassen. Die Urinproben wurden mit einem biologischen Standardtest, der für die Analyse von Urin geeignet ist, untersucht. Allerdings wurden die Probenahmen nicht nach den in der Wissenschaft üblichen Verfahren vorgenommen, sondern die Probanden gaben ihren Urin in zugeschickte Röhrchen und verschickten diese zusammen mit einem ausgefüllten Fragebogen auf dem Postweg ungekühlt an das Analyselabor. Als mittlerer Gehalt wurden bei der Analyse der Proben 1,08 ng Glyphosat je ml im Urin nachgewiesen, der höchste Gehalt betrug 4,2 ng Glyphosat je ml Urin. Beim höchsten Gehalt ergibt sich bei der Umrechnung in die tägliche Aufnahmemenge eine Ausschöpfung weniger als von einem Prozent der täglich duldbaren Aufnahmemenge. Selbst Kinder würden bei diesem höchsten Gehalt weniger als ein Prozent der duldbaren täglichen Aufnahmemenge erreichen.

Das BfR sieht sich durch diese empirischen Daten trotz der Mängel der Untersuchung in seiner Auffassung bestätigt, dass selbst bei der empfindlichsten Gruppe der Kinder keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Aufnahme von Glyphosatrückständen über Lebensmittel zu erwarten sind. Auch der angedeutete Zusammenhang zwischen Glyphosatexposition und bestimmten Krankheiten der Probanden ist wissenschaftlich nicht nachzuvollziehen. Die ermittelten täglichen Aufnahmemengen liegen ein Vielfaches unter den abgeleiteten gesundheitsbezogenen Richtwerten (ADI und ARfD) für Glyphosat. Die Untersuchung trägt damit nichts Neues zu einer Abschätzung des gesundheitlichen Risikos der Glyphosat-Exposition für die in Deutschland lebenden Menschen bei.

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